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Warum 5 junge Menschen vor laufenden Kameras ertrinken mussten

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Im Mittelmeer kentert ein Flüchtlingsboot. Italiener, Franzosen und die NGO "SeaWatch" wollen die Menschen retten - doch ein libysches Kriegsschiff verhindert das. Fünf Menschen sterben vor laufenden Kameras.

Dieses Foto geht um die Welt.

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Der junge Mann ist ein Flüchtling, der verzweifelt versucht, an Bord der "Sea-Watch 3" zu kommen. Zuvor war am 6. November das Boot gekentert, auf dem er gemeinsam mit dutzenden Menschen versucht hatte, nach Europa zu fliehen.

"Als ich dieses Bild gemacht habe, konnte ich hören, wie sein Atem unterbrochen wurde vom Wasser, das in seinen Mund floss. Das Geräusch dieses Atems habe ich immer noch im Kopf", berichtete der Fotograf Alessio Paduano der BBC.

Die Bilder stammen von einem dramatischen Rettungseinsatz im Mittelmeer vergangene Woche.

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Fünf der Flüchtlinge konnten dort nur noch tot geborgen werden.

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Unter den Opfern war auch ein Kleinkind, welches nicht mehr wiederbelebt werden konnte.

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BuzzFeed.de © Lisa Hoffmann / Sea-Watch / Via sea-watch.org

Das alles spielte sich vor laufenden Kameras ab. Denn ein französisches Kriegsschiff und ein Hubschrauber der italienischen Marine waren vor Ort - genau wie die "Sea-Watch 3", ein privates Rettungsschiff.

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Wie der Funkverkehr zeigt, hatten sowohl die französische als auch die italienische Marine die Führung der "Sea-Watch 3" für den Rettungseinsatz frühzeitig anerkannt und versucht, alle drei Schiffe zu koordinieren. Die Libyer allerdings wollten sich daran nicht beteiligen - und mehr noch: behinderten den Rettungseinsatz.

Nachdem die Flüchtlinge bereits im Wasser waren und versuchten, an Bord eines der anderen Boote zu kommen, spielten sich dramatische Szenen ab. Ein Mann wird von den libyschen Soldaten zurück ins Meer gestoßen. Er hängt noch am Schiff, als der libysche Kapitän den Motor starten lässt und volle Fahrt aufnimmt.

Auf dem Video ist deutlich zu sehen und zu hören, wie die libyschen Soldaten die Flüchtlinge mit Seilen schlagen, vom Boot stoßen oder ohne Rettungsversuche außen am Schiff hängen lassen.

Mehrfach wird der libysche Kapitän über Funkverkehr auf den Flüchtling hingewiesen, der noch immer an der Steuerbordseite des Bootes hängt. Erst als sich der italienische Marinehubschrauber direkt vor das libysche Boot setzt, stoppt dieses wieder.

Fotos zeigen, wie schiffbrüchige Flüchtlinge versuchen, das Boot der libyschen Küstenwache wieder zu verlassen. Sie haben offenbar solche Angst davor, nach Libyen gebracht zu werden, dass sie bereit sind, wieder ins offene Meer zu springen.

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Am Ende des Einsatzes befindet sich dennoch eine unbekannte Zahl Flüchtlinge auf dem libyschen Boot - obwohl im Funkverkehr deutlich zu hören ist, wie die "Sea-Watch" die Aufnahme aller Geflüchteter zusicherte.

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Deutlich zu sehen: an Bord des libyschen Marinebootes sind etliche Rettungsringe, die ebensowenig eingesetzt worden, wie das Schlauchboot am Heck zur Bergung von Schiffbrüchigen auf dem offenen Meer.

UPDATE: Womöglich sogar mehr als 50 Tote

14.11.2017, 20:08

Die italienische Polizei hat ihre Angaben zu den Opfern korrigiert< - nach oben. Nachdem die 58 Überlebenden von den Behörden befragt werden konnten, geht man nun von rund 50 Toten aus.

Die Tragödie im Mittelmeer - und die Rolle Libyens.

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Sea-Watch ist eine private Hilfsorganisation, die drei Rettungsboote betreibt - auch im Mittelmeer. Dort spielen sich immer wieder dramatische Szenen ab, während Menschen versuchen, mit oft völlig überfüllten Schiffen nach Europa zu flüchten.

Libyen spielt dabei eine zweifelhafte Rolle. Einerseits sollen die libyschen Sicherheitskräfte derzeit von EU-Militärs ausgebildet werden und dabei helfen, Menschen in Seenot zu retten. Andererseits ist Teil des Deals auch, möglichst wenige Menschen nach Europa gelangen zu lassen. Obwohl in Libyen ein Bürgerkrieg herrscht und weder Grenzschutz noch Militär dort zuverlässig funktionieren, hat die Ausbildung der libyschen Grenzschützer durch Europäer schon im Frühjahr begonnen. Die Aktivitäten des libyschen Militärs sollen nach dem Willen der EU noch ausgeweitet werden.

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