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So sieht die Welt ohne Wasser aus

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In Teilen von Bolivien verschwinden Seen.

Félix Sequeiros sitzt im Boot seines Cousins im jetzt trockenen Poopó-See in Bolivien.
Félix Sequeiros sitzt im Boot seines Cousins im jetzt trockenen Poopó-See in Bolivien. © Misha Vallejo

Der in Ecuador ansässige Dokumentarfotograf Misha Vallejo erforschte die Gegend um den Poopó-See in Bolivien, als das Wasser im Jahr 2016 anfing zu schwinden. Der See, der der zweitgrößte in Bolivien ist und sich im Altiplano-Gebirge befindet, war in der Vergangenheit bereits geschrumpft, doch niemals in gleichem Umfang. Die bolivianische Regierung machte El Niño und den Klimawandel dafür verantwortlich, während andere meinten, das Wasser-Missmanagement könnte ebenfalls eine Rolle gespielt haben.

Als Teil unserer Serie zum Klimawandel in Zusammenarbeit mit dem PHmuseum sprach BuzzFeed News mit Vallejo über die durch das Austrocknen des Sees verursachten tiefgreifenden Veränderungen für die örtliche Gemeinde, die sich seit Generationen auf ihn verlassen hatte.

Kleidung setzte sich auf dem Grund des Sees fest, nachdem er ausgetrocknet war.
Kleidung setzte sich auf dem Grund des Sees fest, nachdem er ausgetrocknet war. © Misha Vallejo

Besteht jegliche Hoffnung, dass sich der Poopó-See wieder füllt oder ist er für immer ausgetrocknet?

Misha Vallejo: Laut offizieller Berichte hat sich der See erholt und im Januar 2017 fast 2.000 Quadratkilometer seiner Fläche zu 70 Prozent mit Wasser aufgefüllt. Im Februar erklärte der bolivianische Staatspräsident Evo Morales jedoch, dass der See sich auf weniger als 30 % seines Wasserspiegels reduziert hat und weiterhin mit rasanter Geschwindigkeit austrocknet. Dies wurde auch durch Satellitenbilder bestätigt.

Der Poopó-See ist sehr flach und die Tatsache, dass der See mit Wasser gefüllt gesehen wurde, bedeutet nicht unbedingt, dass es genug gab, um dort Leben zu beherbergen. Damit Fische leben können, muss der See mindestens 50 Zentimeter tief sein und das ist wirklich schwierig bei einem so großen flachen See.

In diesen offiziellen Berichten wird auch nichts über die Qualität des Wassers erwähnt. Die Bergbauindustrie ist in Bolivien sehr mächtig und die nahegelegenen Minen leiteten früher ihre giftigen Abfälle in den See, verunreinigten dadurch das Wasser und schadeten im weiteren Sinne den Tieren, die davon lebten (wie etwa Vögel). In einigen Bereichen des ehemaligen Sees kann man sogar Veränderungen in der Farbe des Bodens sehen und es riecht nach faulen Eiern. Wenn es eine Hoffnung für den See gibt, dann sollte es in der Verantwortung der Regierung liegen, Vorschriften für die Bergbauunternehmen zu erlassen und sich um ein sicheres Entsorgungssystem zu kümmern. Andernfalls könnte das Wasser mehr schaden als nützen.

Ein Junge der Uru-Gemeinschaft von Llapallapani hält eine tote Ente in die Luft.
Ein Junge der Uru-Gemeinschaft von Llapallapani hält eine tote Ente in die Luft. © Misha Vallejo
Das Skelett eines toten Flamingos vermischt sich mit dem ausgetrockneten See.
Das Skelett eines toten Flamingos vermischt sich mit dem ausgetrockneten See. © Misha Vallejo

Wie kommen die Bewohner mit dem plötzlichen Verschwinden einer ganzen Lebensweise zurecht?

MV: Für die Einwohner in unmittelbarer Nähe war es wirklich schwer. Doch haben sie mir gesagte, es sei nicht das erste Mal, dass so etwas geschieht. Anfang der 90er Jahre trocknete der See bereits für einige Jahre lang aus und die Menschen begannen, in größere Städte und Nachbarländer wie Chile oder Argentinien auszuwandern. Das gleiche geschieht jetzt, besonders im Uru-Dorf von Llapallapani.

Als ich mit Don Valerio sprach, der sich selbst gerne als der letzte Fischer des Poopó in der Aymara-Gemeinde von Untavi bezeichnet, sagte er mir, dass vor dem Austrocknen des Sees zunächst die Fische verschwanden. Der Wasserspiegel war so niedrig, dass diese Tiere weder Nahrung noch Schutz finden konnten. Von diesem Zeitpunkt an war es klar, dass der See keine Nahrungs- oder Einkommensquelle mehr sein würde. Er erzählte mir auch, dass es früher einen täglichen Busservice von Oruro zu seinem Dorf gab, vor allem wegen des Fischhandels. Heutzutage kommt der Bus nur einmal pro Woche. Don Valerio arbeitet jetzt als Bauarbeiter. Er sagt, dass er es hasst und nicht viel vom Bauhandwerk versteht. Er wäre lieber auf seinem Metallboot.

Links: Christliche Poster, die "Flüsse lebendigen Wassers" zeigen, hängen an den Wänden des Hauses von Doña Cristina in Untavi, Bolivien. Sie zog wegen der Dürre um. Ihr Mann, Don Valerio, war der letzte Fischer auf dem Poopó-See. Rechts: Rinaldo Huanavo Vilca hält ein Bild von ihm beim Fischen auf dem Poopó-See etwa 1960.
Links: Christliche Poster, die "Flüsse lebendigen Wassers" zeigen, hängen an den Wänden des Hauses von Doña Cristina in Untavi, Bolivien. Sie zog wegen der Dürre um. Ihr Mann, Don Valerio, war der letzte Fischer auf dem Poopó-See. Rechts: Rinaldo Huanavo Vilca hält ein Bild von ihm beim Fischen auf dem Poopó-See etwa 1960. © Misha Vallejo

Ihre Bilder beschäftigen sich sehr stark mit der Nostalgie dessen, was verblieben ist – versuchen denn die Einheimischen, in der Gegend zu bleiben?

MV: Die bolivianische Regierung vergibt Incentives wie Bauprämien an Menschen, die in der näheren Umgebung leben. Diese Incentives werden den ärmeren Familien gegeben, damit sie ihre Häuser auf ihrem Land bauen können. Das Problem besteht jedoch darin, dass es in dieser Gegend keine Einkommensquellen gibt. Daher bauen die Menschen im Prinzip Häuser, die sie wissentlich verlassen werden müssen, um sich woanders nach einer besseren Zukunft umzuschauen. Sie hoffen, in der Zukunft zurückzukehren, wenn der See sich wieder auffüllt, doch niemand ist sich sicher, ob das geschieht.

Für die Urus, eine Eingeborenengruppe, die seit Generationen als Fischer arbeitet, ist es jedoch komplizierter. Sie besitzen weder große erntefähige Ländereien, noch Vieh. Das kleine Stück Land, das sie besitzen, liegt am Poopó-See, ist sehr salzig und für Plantagen nutzlos. Aus diesem Grund verlassen die Dorfbewohner ihre Ortschaft. Dies wird große Konsequenzen zur Folge haben, denn ihr kulturelles Erbe und ihre Traditionen könnten in anderen Städten, von ihren Familien entfernt, verloren gehen. Lediglich ältere Menschen sind bereit zu bleiben.

Don Germán steht vor seinem Haus in Llapallapani, Bolivien. Er war ein Fischer auf dem jetzt ausgetrockneten Poopó-See. Er erzählt, dass es von 1993 bis 2000 eine andere Trockenzeit gab, die aber nicht so schwer war wie die jetzige. Damals zog er nach Chile um, um Arbeit und Unterstützung für seine Familie zu bekommen. Er lebte dort 13 Jahre. Jetzt überlegt er, es wieder zu tun.
Don Germán steht vor seinem Haus in Llapallapani, Bolivien. Er war ein Fischer auf dem jetzt ausgetrockneten Poopó-See. Er erzählt, dass es von 1993 bis 2000 eine andere Trockenzeit gab, die aber nicht so schwer war wie die jetzige. Damals zog er nach Chile um, um Arbeit und Unterstützung für seine Familie zu bekommen. Er lebte dort 13 Jahre. Jetzt überlegt er, es wieder zu tun. © Misha Vallejo
Hühner wandern in Untavi hinter einem Fischernetz herum, das jetzt als Käfig benutzt wird. Untavi ist eine der am stärksten vom Austrocknen des Sees betroffenen Gemeinden; seine Einwohner, die meisten davon ehemalige Fischer, müssen eine andere Art von Lebensunterhalt finden.
Hühner wandern in Untavi hinter einem Fischernetz herum, das jetzt als Käfig benutzt wird. Untavi ist eine der am stärksten vom Austrocknen des Sees betroffenen Gemeinden; seine Einwohner, die meisten davon ehemalige Fischer, müssen eine andere Art von Lebensunterhalt finden. © Misha Vallejo

Sind auch andere Seen in der Region gefährdet?

MV: Offizielle Quellen haben nicht davon berichtet, dass andere Seen in der Region gefährdet sind. Ein anderer Grund dafür, dass dieser See austrocknet, ist jedoch, dass die Behörden den Wasserfluss des Río Desaguadero reduziert haben, der vom Titicacasee zum Poopó-See fließt. Sie haben den Titicacasee vorgezogen und den Poopó-See sterben lassen.

Der See war auch nicht sehr tief, und eine große Menge Wasser war ständig in Kontakt mit Solarstrahlung, was die Verdunstung erhöhte. Ebenso begannen hier vor ein paar Jahrzehnten aufgrund der Erderwärmung die Temperaturen zu steigen und Regen begann, seltener zu werden. Wegen des El Niño im Jahr 2015 nahm die Trockenzeit zu. Und darüber hinaus schüttete der nahe gelegene Bergbau alle seine Abfälle in diesen See und machte ihn dadurch flacher und verseuchte das Wasser und den Boden. Das ist ein Warnsignal dafür, was in der Zukunft passieren kann, wenn wir als eine Gattung die Vielschichtigkeit eines Ökosystems nicht verstehen und keine Verantwortung für unser Handeln übernehmen.

Edi Choque sitzt neben seinem Haus in einem behelfsmäßigen Fischerboot. Sein Vater, Pedro Choque, war Fischer auf dem Poopó-See. Jetzt baut er Gemüse wie Quinoa und Spinat an, um zu überleben.
Edi Choque sitzt neben seinem Haus in einem behelfsmäßigen Fischerboot. Sein Vater, Pedro Choque, war Fischer auf dem Poopó-See. Jetzt baut er Gemüse wie Quinoa und Spinat an, um zu überleben. © Misha Vallejo

Dieser Artikel erschien zuerst auf Englisch.

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