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Der Pro-Chemnitz-Chef Martin Kohlmann hatte enge Beziehungen zu einem NPD-Funktionär

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Ein ehemaliges NPD-Bundesvorstandsmitglied sagt: „Martin Kohlmann hat bei mir politisch laufen gelernt.“

Der Chef der rechtspopulistischen Vereinigung „Pro Chemnitz“, Martin Kohlmann, hatte enge Verbindungen zur NPD. Das erklärte das ehemalige NPD-Bundesvorstandsmitglied Frank Rohleder im Interview mit BuzzFeed News. Kohlmann sei war zwar nie NPD-Mitglied gewesen, aber „hat bei mir politisch laufen gelernt“, so Rohleder.

Vergangenen Dienstag hatte Report Mainz berichtet, dass Martin Kohlmann vom sächsischen Verfassungsschutz als Teil der rechtsextremistischen Szene beobachtet werde. Er soll enge Kontakte zu gewaltbereiten Neonazis unterhalten haben - konkret zur der seit 2014 verbotenen Gruppierung „Nationale Sozialisten Chemnitz“ (NSC). Report Mainz beruft sich dabei auf geheime Ermittlungsunterlagen zum Zeitraum 2011 bis 2013, die dem Magazin vorliegen.

Offenbar gab es dabei auch Kontakte zu führenden NPD-Funktionären. Frank Rohleder, der in Chemnitz lebt, war früher Bundesvize der Republikaner und Mitglied im NPD-Bundesvorstand. Heute arbeitet er für den EU-Abgeordneten der NPD, Udo Voigt. Rohleder ist nach eigenen Angaben zuständig für Bündnisarbeit und war als solcher auch Kontaktmann für die freie Kameradschaftsszene.

Frank Rohleder.
Frank Rohleder. © Pascale Müller / BuzzFeed News

Der Kontakt zu Kohlmann bestehe seit dessen 16. Lebensjahr, als er noch bei den Republikanern aktiv war, so Rohleder. „Ich habe ihn auch unterstützt, mit Unterschriften, als er für den Stadtrat kandidiert hat. Wir hatten einen engen Kontakt. Seit er bei Pro Chemnitz ist, gibt es zwar eine Nähe in der Grundhaltung, aber keine Arbeitsbeziehung mehr“, sagte Rohleder weiter.

Auf die Frage, inwiefern sich die NPD bei den aktuellen Demonstrationen in Chemnitz beteilige, antwortete der EU-Abgeordnete der NPD, Udo Voigt, BuzzFeed News: „Bei jeder Aktion ist natürlich die NPD dabei.“ Die Chemnitzer NPD-Abgeordnete Katrin Köhler war auf mindestens einer Demonstration von Pro Chemnitz anwesend, BuzzFeed News hat sie am 7. September vor Ort getroffen.

Benjamin Jahn Zschocke, Pressesprecher von Pro Chemnitz, schreibt BuzzFeed News auf Anfrage: „Kontakte zu Udo Voigt und Frank Rohleder bestehen seitens Herrn Kohlmann nicht.“ Auf Kontakte und Beziehungen in der Vergangenheit ging Jahn Zschocke in seiner Antwort nicht ein.

Bei der Gruppierung „Nationalen Sozialisten Chemnitz“ (NSC), zu der Kohlmann Report Mainz zufolge enge Verbindungen haben soll, handelte es sich laut der Verbotsverfügung von 2013 um eine konspirative Gruppe, deren Mitglieder sich auf den teils bewaffneten Kampf vorbereitet hatten. Sie gehören zu den sogenannten „freien Kräften“: also Kameradschaften, die die NPD lange Zeit versuchte, in ihrem „Nationalen Bündnis“ zu integrieren. Bis 2012 bestanden offenbar auch enge Kontakte und personelle Überschneidungen zwischen NSC und NPD.

So etwa durch Sven Willhardt, der 2009 noch auf der NPD-Liste für die Stadtratswahl in Chemnitz stand. Willhardt wohnte im Haus des NSC-Treffs in der Markersdorfer Straße in Chemnitz. Das wiederum gehört dem bekannten Rechtsrockhändler Yves Rahmel. Rahmel gilt nach Erkenntnissen des sächsischen Verfassungsschutz als einer der bundesweit aktivsten Verbreiter rechtsextremer Musik. Anfang 2011 fand bei ihm eine Durchsuchung statt, weil er ein Album mit dem Namen „Adolf Hitler lebt“ verlegte, auf dem im Song „Döner-Killer“ die später dem NSU zugerechnete Mordserie besungen wird - und das, bevor öffentlich etwas über die Mordserie bekannt war.

Einzelne Mitglieder der NSC sollen Kontakte ins Umfeld des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) gehabt haben. So etwa Maik Arnold, ein ehemaliger Anführer der „Nationalen Sozialisten Chemnitz“ (NSC), der Anfang September auch an den Demonstrationen von AfD und Pro Chemnitz teilnahm. Und auch Maik Eminger, der Zwillingsbruder des im NSU-Prozess verurteilten André Eminger, soll Mitglied der Gruppierung gewesen sein.

Anfang 2012, also ein Jahr vor dem Verbot, entfernten sich NSC und NPD voneinander, bekannte NSC-Mitglieder wie Willhardt traten aus der Partei aus. Die NPD distanzierte sich daraufhin öffentlich von der Gruppierung.

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