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BuzzFeed News darf den Namen von Abtreibungsgegner Yannic Hendricks weiterhin nennen

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„Durch seine Anzeigenerstattungen und Interviews hat der Antragsteller den politischen Meinungsaustausch mitgestaltet“, heißt es in der Begründung des Landgerichts Düsseldorf.

BuzzFeed News Deutschland hat den Prozess gegen den Abtreibungsgegner Yannic Hendricks gewonnen. Am Mittwochmorgen wies das Landgericht Düsseldorf eine einstweilige Verfügung gegen uns zurück. BuzzFeed News darf den Namen von Yannic Hendricks damit weiterhin nennen.

Das Gericht urteilt, dass die Namensnennung nicht das Persönlichkeitsrecht von Yannic Hendricks verletze, insbesondere nicht dessen Recht auf Anonymität. In der Abwägung überwiege das öffentliche Informationsinteresse.

Durch seine Anzeigen habe Yannic Hendricks dafür gesorgt, dass eine Vielzahl von Personen „ohne ihren Willen teilweise in eine breitere Öffentlichkeit gezogen werden“ – er selbst wolle dagegen unbekannt bleiben. Dies „trägt zu einer kontroversen Debatte von nicht unerheblichem öffentlichem Interesse bei“.

In der Urteilsbegründung wird auch argumentiert, dass Hendricks Ärztinnen nicht nur angezeigt hatte – sondern durch eine zusätzliche Beschwerde bei Gericht dafür gesorgt hatte, dass das Strafverfahren gegen die Ärztin Kristina Hänel fortgeführt wurde, obwohl die Staatsanwaltschaft beabsichtigt hatte, das Verfahren einzustellen. Deshalb sei Hendricks' Handeln „kausal für die Verurteilung [von Hänel] und anschließende Berichterstattung darüber“ gewesen.

Zudem habe sich Hendricks durch seine Interviews in der taz und im Deutschlandfunk „in noch deutlich stärkerem Maße an der geführten Debatte beteiligt“ – auch wenn die Interviews anonym veröffentlicht wurden. Hendricks nehme „eine herausgehobene Rolle“ unter den Abtreibungsgegnern ein und gehöre zu einer „sehr kleinen Anzahl an Personen, die Anzeigen wegen Verstößen gegen §219a StGB erstatten“.

Jan Hegemann, der als Anwalt der Kanzlei Raue LLP BuzzFeed News im Verfahren vertritt, sagt:

„Das Urteil des Landgerichts Düsseldorf stärkt den öffentlichen Meinungskampf. Dieser kann nur stattfinden, wenn er auf beiden Seiten mit gleichen Mitteln geführt wird. Herr Hendricks hat mit seinen Anzeigen Ärzte und Ärztinnen, die seiner Auffassung nach gegen das Werbeverbot für Abtreibungsleistungen gemäß § 219a StGB verstoßen haben, an die Öffentlichkeit gezerrt. Er selbst hingegen wollte den Schutz der Anonymität in Anspruch nehmen und aus dem Verborgenen agieren. Dem hat das Landgericht nun eine klare Absage erteilt: Herr Hendricks hat durch die Veröffentlichung seiner Thesen in Interviews ein legitimes Interesse an seiner Identität begründet. Die Medien durften deshalb namentlich über ihn berichten.“

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Das Urteil: Yannic Hendricks ./. BuzzFeed News

Anfang November hatte BuzzFeed News den Namen von Hendricks in einem Beitrag öffentlich gemacht. Hendricks ist Abtreibungsgegner und hat nach eigenen Angaben dutzende Ärztinnen und Ärzte angezeigt, weil sie gegen den umstrittenen Paragrafen 219a verstießen, indem sie öffentlich über Abtreibungen informierten.

Der Paragraf 219a ist seit Monaten stark umstritten, verschiedene Ministerinnen der Großen Koalition kündigten an, bis Januar 2019 eine Gesetzesreform vorzulegen. Hendricks bestimmte die Debatte um den Paragrafen 219a mit seinen Anzeigen entscheidend mit. Zuletzt meldete er sich zudem mehrfach in Interviews zu Wort, wollte aber anonym bleiben.

Nach unserer Veröffentlichung ging Hendricks rechtlich gegen BuzzFeed News vor. Die ihn vertretende Kanzlei Höcker argumentierte, wir hätten sein Recht auf Privatsphäre verletzt. Eine Anwältin der Kanzlei Raue LLP, die BuzzFeed News im Verfahren vertritt, erwiderte in einer mündlichen Anhörung Mitte Dezember, dass Hendricks die Debatte um den Paragrafen überhaupt erst mit ins Rollen gebracht habe: „Er hat die Debatte betrieben, wahrscheinlich ist er sogar für sie mitverantwortlich.“ Das Landgericht Düsseldorf hat diese Sichtweise nun bestätigt. Die Berufung ist zugelassen.

UPDATE

24.01.2019, 13:08

Ein weiteres Urteil in einem vergleichbaren Fall soll am 15. Februar 2019 am Landgericht Hamburg gefällt werden. Angeklagt ist die Journalistin und Vorsitzende von Pro Familia Hamburg, Kersten Artus. Sie wurde bereits im vergangenen Jahr von Hendricks abgemahnt, weil sie seinen Namen öffentlich genannt hatte.

UPDATE

21.02.2019, 12:22

In einer früheren Version dieses Textes wurde Kristina Hänel als Frauenärztin bezeichnet – tatsächlich ist sie Allgemeinmedizinerin. Dies haben wir korrigiert.

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